Die Jenaer Sinfonie. Beethoven oder doch jemand anders? Es ist das Jahr 1909. In Jena findet der Musikwissenschaftler Fritz Stein Stimmen einer Sinfonie in C-Dur. Ein Exemplar trägt den Zusatz par Louis van Beethoven. Nach einer stilistischen Analyse scheint klar: Dies ist ein junger Beethoven! Doch Vorsicht! Es liegt ein Irrtum vor. Zum Ende der 50er-Jahre taucht weiteres Stimmenmaterial auf, das Friedrich Witt als Komponisten ausweist. Die Verwechslung mit Beethoven unterstreicht Witts musikalische Fähigkeiten, für die er schon zu Lebzeiten geschätzt wurde.
Friedrich Witt genießt in seiner Kindheit und Jugend eine vollkommene musikalische Ausbildung. Bereits als Kleinkind singt er mit Vater und Stiefvater oder klettert mit ihnen auf die Orgelbank. Im höheren Kindesalter greift Witt zur Violine und noch viel öfter zum Cello. Er liebt es, die störrischen Saiteninstrumente zu bändigen. Als junger Erwachsener soll Witt seine Ausbildung auf dem Gymnasium in Nürnberg abschließen: Vorbereitung aufs Theologiestudium lautet der Auftrag! Doch Friedrich Witt quält sich durch die Hausaufgaben. Viel lieber improvisiert er über einem Generalbass oder widmet sich dem Cellospiel. Mit 18 Jahren bricht er die Schule ab und wird Cellist in der Hofkapelle zu Öttingen-Wallerstein. Der Kapellmeister Antonio Rosetti erkennt Witts Potenzial und fördert seine kompositorische Entwicklung. Als Rosetti 1790 den Hof verlässt, ist Witt gereift und übernimmt das Amt seines Lehrers.
In seiner neuen Position als Kapellmeister nutzt er seine Freiheiten und reist nach Thüringen und Potsdam. Außerdem macht er Station in Berlin und Ludwigslust, um seine Sinfonien und die Kantate Die Auferstehung Jesu aufzuführen. Mit Bravo-Rufen und tosendem Applaus dankt das Publikum. Ein Hornist aus der Kapelle des Preußischen Königs schreibt: „man betauert nur daß die H:[errn] so nach Hauße Eylen, Witt seine Sinfonien haben sehr gefallen und […] Witt wäre so ein mann der uns blaßern allen helfen könnte.“ Doch Witt hat andere Pläne. Er reist 1795 nach Wien und bleibt dort fast zwei Jahre.
In Wien kann er jedoch nicht richtig Fuß fassen. Er kehrt nach Deutschland zurück. Mit der Aufführung seiner Kantate zum Beschluss des 18. Jahrhunderts im Herbst 1801 öffnet sich ihm in Würzburg eine neue Tür. Er beeindruckt und wird ein halbes Jahr später Kapellmeister. Im Hofdienst unterfordert, hat Witt Zeit für die schönen Dinge des Lebens: Er heiratet Kunigunde Limb aus reichem Hause, mit der er zwei Töchter bekommt. Außerdem setzt er sich für den Nachwuchs ein und regt die Gründung einer Musikschule an. Politische Unruhen vereiteln aber diesen Plan. In seinen letzten Lebensjahren ist Witt durch viele Krankheiten geschwächt. Deshalb wird er 1824 am Würzburger Hof entlassen. Daraufhin steckt Witt seine musikalische Energie in die Komposition von Harmoniemusiken für den Fürsten Carl Friedrich zu Löwenstein-Wertheim-Freudenberg.
Neben seiner Jenaer Sinfonie fällt Witt unter den Komponisten seiner Zeit besonders durch seine Behandlung der Bläser auf. Vor allem sein 1795 entstandenes Hornkonzert fordert auch heute noch Bestleistungen von jedem Hornisten. Gleichermaßen stellt auch sein Konzert für Flöte und Orchester hohe Ansprüche an das Soloinstrument. Weiterhin probierte Witt unterschiedliche Kammermusikbesetzungen aus: Er kombiniert Streicher und Bläser als Trio, Quintett oder Septett. Insbesondere sein Septett ragt aus seinem Schaffen heraus. Leider sind viele Werke Witts nicht mehr erhalten. Die Party zu seinem 250. Geburtstag steigt daher mit einem kleinen, aber feinen Repertoire.